Titel Kein Abzug beim merkantilen Minderwert bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten Gerichtsinstanz AG Gerichtsort AG Coburg Urteilsdatum 2022-06-10 Aktenzeichen 12 C 867/22 Kategorie Teaser Kein Abzug beim merkantilen Minderwert bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten Hintergrund Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall eines zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten kürzte die Versicherung des Unfallgegners die am Fahrzeug eingetretene merkantile Wertminderung von 700,00 € auf 590,00 €. Die Versicherung war der Meinung, dass von der Wertminderung ein Anteil in Höhe der gesetzlichen Mehrwertsteuer abzuziehen sei. Das AG Coburg teilt diese Auflassung nicht. Aussage Gemäß § 251 Abs. 1 BGB hat der Geschädigte Anspruch auf Ausgleich in Geld, wenn die Wiederherstellung der beschädigten Sache nicht möglich oder zum vollständigen Schadenausgleich nicht ausreichend ist. Dies gilt insbesondere im Fall einer verbleibenden merkantilen Wertminderung. Mit von der Versicherung angestellten Berechnung eines etwaigen Bereicherungsbetrages für Vorsteuerabzugsberechtigte kann nach Ansicht des Gerichts nicht argumentiert werden. Stellt man selbige Berechnung mit einem nicht vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten an, der von vornherein zwar selbst den Brutto-Wiederbeschaffungswert zahlen müsste, bei einem eigenen Verkauf aber nur den Nettopreis einnimmt, und ist davon auszugehen, dass der Sachverständige den merkantilen Minderwert vom gleichen Markt her ermittelt (unabhängig davon, ob der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht), so würde sich auch der nicht Vorsteuerabzugsberechtigte in gleicher Weise bereichern. Im Ergebnis würde dann aber weder ein Vorsteuerabzugsberechtigter noch ein nicht Vorsteuerabzugsberechtigter den vom Sachverständigen ermittelten merkantilen Minderwert in voller Höhe erhalten. Dieses Ergebnis bzw. die Berechnungen bspw. des AG Remscheid (AZ: 8a C 190/16), des AG Wipperfürth (AZ: 9 C 90/20) und des AG Düsseldorf (AZ: 39 C 107/19) können daher die Auffassung der Versicherung nicht stützen. Grundsätzlich stellt die merkantile Wertminderung keine feststehende berechenbare absolute Größe dar, sondern einen vom Sachverständigen kalkulierten Wert, um den das Fahrzeug trotz fachgerechter Reparatur nach dem Unfall weniger wert ist. Die Entscheidung darüber, ob es sich steuerrechtlich um nicht umsatzsteuerpflichtigen echten Schadenersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, ob also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Stellt die Ersatzleistung die Gegenleistung für eine empfangene Lieferung oder sonstige Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr.1 UStG dar, liegt keine nichtsteuerbare Schadenersatzleistung, sondern steuerpflichtiges Entgelt vor. Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die Zahlung des merkantilen Minderwerts in Form des vom Sachverständigen kalkulierten Betrages ist der Ausgleich des Schadens, der nicht durch eine fachgerechte Reparatur kompensiert werden kann, und damit steuerrechtlich nicht umsatzsteuerpflichtiger echter Schadenersatz. Ein Abzug in Höhe des geltenden Mehrwertsteuersatzes ist somit nicht vorzunehmen. Praxis Das Gericht stellt hier bei der Frage, ob bei einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten ein der Mehrwertsteuer entsprechender Abzug vorzunehmen ist oder nicht, zutreffend auf § 251 BGB ab. Der merkantile Minderwert ist mangels Leistungsaustausch eine nicht steuerbare Schadenersatzleistung, die ohne Abzug zu erstatten ist. Anlagen Links