Titel
Minderwert kann auch bei einer Laufleistung von fast 200.000 Km gewährt werden, eine starre Grenze von 100.000 Km ist abzulehnen
Gerichtsinstanz
Gerichtsort
Oldenburg
Urteilsdatum
2007-03-01
Aktenzeichen
8 U 246/06
Kategorie
,
Teaser
Mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge hat sich die Bedeutung der Laufleistung für den Wert auf dem Gebrauchtwagenmarkt geändert. Auf eine starre Kilometergrenze kann nicht mehr abgestellt werden, sondern es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob sich der Unfallschaden wertmindernd auswirkt.

Aus den Gründen:

… Die Klägerin hat daneben Anspruch auf den Ersatz merkantilen Minderwerts ihres unfallbeschädigten Fahrzeugs in Höhe von 250,00 Euro. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass das am 5. Oktober 2000 erstmals zugelassene Fahrzeug der Klägerin vom Typ A… TDI zum Unfallzeitpunkt schon eine Fahrleistung von 195.648 km aufwies.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts entspricht es nicht mehr höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass bei Personenkraftwagen im allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts anzusetzen ist. Diese früher vertretene Auffassung beruht darauf, dass solche Fahrzeuge nur noch einen derart geringen Handelswert hatten, dass ein messbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintrat. Maßgeblich ist mithin nicht alleine die Laufleistung des Fahrzeugs, sondern deren Bedeutung für die Bewertung des Fahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Diese Bedeutung kann sich im Laufe der Zeit mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge ändern. Ein entsprechender Wandel auf dem Gebrauchtwagenmarkt spiegelt sich insbesondere in der Bewertung von Gebrauchtfahrzeugen durch Schätzorganisationen wie Schwacke und DAT wieder, die in ihren Notierungen auf unfallfreie Fahrzeuge beziehen (vgl. dazu BGH NJW 2005, 277, 279). Auf eine starre Kilometergrenze kann danach nicht mehr abgestellt werden. Der Tatrichter hat vielmehr in jedem Einzelfall gemäß § 287 ZPO zu prüfen, ob sich der Unfallschaden wertmindernd auswirkt.

Diese Frage ist im hier zu entscheidenden Fall zu bejahen. Das Fahrzeuge der Klägerin war im Unfallzeitpunkt trotz der hohen Laufleistungen von 195.648 km erst ca. 3 ½ Jahre alt. Der Unfallschaden, der Schweißarbeiten am Heckblech und Richtarbeiten im Bereich des Bodenblechs hinten sowie die Erneuerung diverser Anbauteile erforderte, war im Fall einer Veräußerung des Fahrzeugs offenbarungspflichtig. Es geht um ein marktgängiges Fahrzeug (Kombi/Diesel). Die tatsächliche Laufleistung belegt, dass eine starre Grenze von 100.000 km nicht mehr zeitgemäß ist. Unter diesen Umständen kann der Klägerin der Ersatz des merkantilen Minderwerts nicht versagt werden. …

Quellen

BVSK-Rechtsdienst, Ausgabe 83/2013, Die Rechtsprechung zur merkantilen Wertminderung

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