Titel
Wertminderung ist echter, nicht steuerbarer Schadenersatz
Gerichtsinstanz
Gerichtsort
Fürth
Urteilsdatum
2023-08-18
Aktenzeichen
360 C 606/23
Kategorie
Teaser

Hintergrund
Die Haftung der Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall war unstreitig. Lediglich streitig war, ob der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger die vom Sachverständigen festgestellte Wertminderung in Höhe von 600,00 € voll beanspruchen oder ob die Beklagtenseite die Mehrwertsteuer in Höhe von 95,80 € in Abzug bringen kann.

Aussage
Der Kläger kann den vollen vom Sachverständigen festgestellten Betrag in Höhe von 600,00 € ohne Abzug der Mehrwertsteuer beanspruchen. Die Wertminderung ist eine steuerneutrale Position, bei der gerade keine Mehrwertsteuer anfällt. Der Minderwert wird gemäß § 251 Abs. 1 BGB ersetzt. § 251 BGB enthält jedoch – anders als § 249 Abs. 2 S. 2 BGB – keine Regelung, dass die Mehrwertsteuer nur zu ersetzen ist, wenn diese tatsächlich anfällt. Beim merkantilen Minderwert ist diese auch beim vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten jedoch konkret derzeit nicht angefallen. Es ist auch fraglich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sich die Wertminderung jemals realisiert. Die merkantile Wertminderung ist lediglich die Kompensation eines Vermögensschadens, der auch nach vollständiger, technisch einwandfreier Reparatur verbleibt.
Das gemäß § 251 BGB zu entschädigende Wertinteresse umfasst daher auch die Mehrwertsteuer – unabhängig vom tatsächlichen Anfall.

Praxis
Das Gericht stellt hier bei der Frage, ob bei einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten ein der Mehrwertsteuer entsprechender Abzug vorzunehmen ist, zutreffend auf
§ 251 BGB ab. Die Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach Umsatzsteuer nur zu ersetzen ist, wenn und soweit sie angefallen ist, bezieht die Kompensationsfälle des § 251 BGB
nicht ein. Im § 249 BGB geht es um die Wiederherstellung einer beschädigten Sache. Im § 251 BGB geht es hingegen um das Wertinteresse, wenn die Sache in ihrem ursprünglichen Zustand nicht wiederherstellbar ist. Die Wertminderung ist (ebenso wie die Wertverbesserung) steuerlich nicht zu würdigen. Es fehlt an einem zu besteuernden Leistungsaustausch. Abzuwarten bleibt, wie der BGH die Thematik demnächst in einer noch nicht terminierten Sache (AZ: VI ZR 288/22) entscheiden wird.

Anlagen

Links

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert